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Wie erhalte ich bei Geburtsschäden eine finanzielle Entschädigung?

Der Ratgeber von Dr. Haack | Dr. Böttger zur finanziellen Entschädigung bei Geburtsschäden

Einleitung zum Thema Geburtsschaden

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

im Jahr 2019 wurden in Deutschland über 778.000 Menschen neu geboren.

Dabei ist jede einzelne Geburt eines Menschen ein riesiges Abenteuer – und natürlich auch ein Wagnis – für alle Beteiligten.

Deshalb ist es eine furchtbare Vorstellung, dass dem neugeborenen Kind bereits bei der Geburt etwas zustößt.

Auch für gebärende Mütter ist eine Geburt mit einer Vielzahl an Risiken verbunden.

Treten Behandlungsfehler von Ärzten bereits bei der Geburt auf, sprechen Fachleute von sogenannten Geburtsschäden.

In diesem Blog-Beitrag möchten wir Ihnen das Thema Geburtsschäden näher bringen und Ihnen kompetente Hilfestellung geben, falls Sie betroffen sind und rechtliche Schritte einleiten möchten.

Denn Ärztepfusch in diesem sensiblen Bereich sollten Sie auf keinen Fall hinnehmen.

Was versteht man unter Geburtsschäden?

In der medizinischen Fachwelt werden unter einem Geburtsschaden einerseits Organschäden und andere gesundheitliche Schädigungen eines Kindes verstanden, die bereits vor der Geburt vorlagen und vielfältige Ursachen haben können.

Andererseits kann es sich aber auch um gesundheitliche Schäden handeln, die kurz vor oder während der Geburt entstanden sind.

So sind zum Beispiel Fälle bekannt, bei denen Kinder schwere Hirnschäden davongetragen haben, weil das zuständige medizinische Fachpersonal zu spät die Geburt per Kaiserschnitt eingeleitet hat.

Oftmals lässt sich im Nachhinein nicht mehr genau feststellen, zu welchem Zeitpunkt die Schädigung stattgefunden hat.

Hirnschädigungen kommen besonders häufig vor

Besonders oft kommt es bei Geburtsschäden zu Hirnschädigungen und dadurch auch zur Behinderung von Kindern.

Dabei stellt sich dann die Frage, ob die Behinderung ein schicksalhaftes Ereignis ist, oder tatsächlich ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt.

Betroffene sollten sich frühzeitig professionelle Hilfe suchen, da das entsprechende Fachwissen bei medizinischen Laien in der Regel nur wenig ausgeprägt ist.

Entsprechende Kontaktadressen finden Sie auch im Kapitel “Weiterführende Informationen” dieses Blog-Beitrags.

Die Häufigkeit von Geburtsschäden in Deutschland

Natürlich hat sich auch bei der pränatalen Medizin in Deutschland viel getan.

Gab es im 19. Jahrhundert noch eine Quote von 4% für Totgeburten, ist diese Zahl mittlerweile auf deutlich unter 0,5% gesunken.

Zudem nimmt die Zahl der Geburten in Deutschland immer weiter ab und immer mehr Babies werden per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht.

Dadurch werden zum Beispiel die Spätfolgen durch eine Geburt per Saugglocke ausgeschlossen.

In Deutschland liegt der Anteil an Geburten durch Kaiserschnitt mittlerweile bei fast einem Drittel. (Hier eine Übersichtskarte mit dem Anteil an Kaiserschnitt-Geburten in deutschen Kliniken)

Experten gehen davon aus, dass bei einer Geburtenzahl von ca. 800.000 rund 3.000 bis 4.000 Kinder durch Sauerstoffmangel geschädigt werden.

Geburtsschäden werden in Deutschland jedoch nicht flächendeckend statistisch erfasst.

Freiberufliche Hebammen meldeten der Berufshaftpflicht pro Jahr durchschnittlich 20 Fälle von Geburtsschäden pro Jahr.

Die Dunkelziffer dürfte jedoch auch hier – wie bei medizinischen Behandlungsfehlern – um einiges höher liegen.

Was sind die häufigsten Arten von Geburtsschäden?

Medizinische Behandlungsfehler können bereits bei der Schwangerschaftsvorsorge, aber auch während der pränatalen Diagnostik oder während der Entbindung auftreten.

Wenn Geburtsschäden bereits vor der Geburt entstehen, sind diese jedoch oftmals auf  Fehlverhalten der schwangeren Mutter zurückzuführen, zum Beispiel bei:

  • Vorerkrankungen der Mutter
  • Unterlassenen Voruntersuchungen
  • Fehlerhafter medikamentöser Behandlung (bekanntes Beispiel hierfür war der sogenannte Contergan-Skandal in den 1960er-Jahren, der zu schweren Fehlbildungen bei Neugeborenen führte)
  • Alkoholismus der Mutter während der Schwangerschaft
  • Drogen-Missbrauch der Mutter

Schwierigkeiten bei der Geburt bereiten insbesondere folgende Umstände:

● Frühgeburten
● Besonders erhöhtes Geburtsgewicht des Neugeborenen (Makrosomie)
● Besondere Körpergröße des Babys
● Der Einsatz von mechanischen Geburtshilfen wie Zange oder Vakuum
● Notfälle wie Nabelschnurumschlingung oder plötzlicher Sauerstoffmangel

Geburtsschäden durch Sauerstoffmangel kommen, wie bereits erwähnt, am häufigsten vor.

Weitere typische Geburtsschäden umfassen:

● Schulterdystokien und daraus resultierende Hypoxien (Sauerstoffmangel)
● Kindliche Plexusparese (geburtsassoziierte Armlähmungen)
● Asphyxie (Sauerstoffmangel im Blut)
● Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie (Schädigung des Gehirns durch Sauerstoff- und Durchblutungsmangel)
● Kephalhämatom (Bluterguss unter der Knochenhaut eines Babies, der z.B. durch eine Saugglocke oder eine Zangengeburt verursacht wird)
● Neugeborenen-Gelbsucht (Anpassungsstörung der Leber)
● Schnittwunden beim Kaiserschnitt
● Knochenfrakturen

Im schlimmsten Fall:

● Die Totgeburt (sogenannte Sternenkinder) oder der Tod der gebärenden Mutter

Auch ein sogenanntes Geburtstrauma kann auftreten. Dieses bezeichnet physische und psychische Beeinträchtigungen des Babys, die in Folge der Geburt auftreten.

 Ansprüche der Opfer von Geburtsschäden

Sind Sie bzw. Ihr Kind Opfer eines Geburtsschadens geworden, der durch Behandlungsfehler des zuständigen medizinischen Personals verursacht wurde, haben Sie in Deutschland natürlich rechtliche Kompensationsansprüche.

Juristisch wird dieses Gebiet auch als Geburtsschadenrecht bezeichnet.

Auch wenn die entstandenen – oft schwerwiegenden und lebenslänglichen Schäden – durch die Zahlung von Geldsummen nur schwerlich wieder gut gemacht werden können, sollten Sie dennoch die Ihnen zustehenden Ansprüche geltend machen, um zumindest die finanziellen Folgen abzumildern.

Bei einem Geburtsschadens-Fall stehen Ihnen verschiedene Entschädigungen zu.

Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz 

Sie haben sowohl Anspruch auf die Zahlung von Schmerzensgeld, als auch auf die Zahlung von Schadensersatz.

● Schmerzensgeld bedeutet in der Regel eine Einmalzahlung für entstandene Schäden an Kind oder Mutter.

● Schadensersatz wird bezahlt für die Kosten für nachfolgende medizinische Behandlungen, Pflegeleistungen, Mehrbedarfe für Nahrung, Kleidung etc., erforderliche Umbaumaßnahmen in der Wohnung.

Gibt es längere Verdienstausfälle, kann zudem ein sogenannter Erwerbsminderungsschaden geltend gemacht werden.

Wie die Urteile von zuständigen Gerichten gezeigt haben, liegt die Summe für Entschädigungszahlungen bei Geburtsschäden regelmäßig im Millionenbereich und ist somit beträchtlich.

Das ist nicht verwunderlich: Schließlich leiden Betroffene und deren Familien lebenslang unter den Folgen von medizinischen Behandlungsfehlern bei der Geburt und daraus resultierenden Geburtsschäden.

Vorgehensweise bei der Entschädigung

Der wohl wichtigste Punkt ist der Nachweis, dass der vorliegende Geburtsschaden tatsächlich durch ein Fehlverhalten bzw. einen Behandlungsfehler des medizinischen Fachpersonals entstanden ist.

Erst wenn sich der entstandene Geburtsschaden entsprechend auf einen derartigen Fehler zurückführen lässt, entsteht ein Anspruch auf Entschädigung.

Klar im Vorteil ist deshalb, wer sich bereits frühzeitig entsprechende Notizen gemacht und Dokumente bzw. Fotos gemacht hat, um den Fall entsprechend vor Gericht dokumentieren zu können.

Diese sogenannte Beweispflicht kann auch dem medizinischen Personal zukommen.

Nämlich dann, wenn dieses zum Beispiel die Patientenakte nicht zuverlässig und vollständig geführt hat oder unqualifiziertes Personal an der Geburt bzw. der anschließenden Behandlung beteiligt war.

Dann muss nämlich das medizinische Personal nachweisen, dass es NICHT für die entstandenen Schäden verantwortlich ist.

Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern

Man spricht in diesen Fällen auch von der sogenannten Beweislastumkehr bei einem sogenannten groben Behandlungsfehler.

Dieser liegt vor, wenn ein Arzt/eine Ärztin bzw. eine Hebamme eindeutig gegen die anerkannten ärztlichen Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen hat.

In jedem Fall sollten sich Betroffene zunächst fachliche Expertise einholen.

Juristischen Beistand leisten auf Medizin- und Geburtsschadensrecht spezialisierte Fachanwälte.

„Of Counsel“ Dr. Haack gilt bundesweit als Pionier für das Thema medizinische Behandlungsfehler in Deutschland und hat bereits über 200 Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht und Mandanten in mehreren Tausend Prozessen erfolgreich vertreten.

(Bitte beachten Sie auch diesen Focus-Artikel von Dr. Haack | Dr. Böttger zum Thema Geburtsschäden).

Außergerichtliche Einigung oder Gang vor das Gericht?

Im weiteren Verlauf wird ein fachlicher versicherter Anwalt versuchen, entweder eine außergerichtliche Einigung durch einen Vergleich zu erreichen oder Klage vor dem zuständigen Gericht einzureichen, um die Ansprüche gerichtlich durchzusetzen.

Der Vorteil einer außergerichtlichen Einigung besteht darin, dass ein solches Verfahren in der Regel deutlich schneller abgeschlossen werden kann als beim Gang vor Gericht.

Die Kosten für einen Prozess trägt übrigens vollständig die Gegenseite, wenn Sie Ihren rechtmäßigen Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz bei Geburtsschäden erfolgreich durchsetzen konnten.

Weitere Tipps zum Vorgehen bei Geburtsschäden

  • Beachten Sie die Verjährungsfrist von 3 Jahren. Diese muss unbedingt eingehalten werden, damit Sie Ihre Ansprüche rechtlich geltend machen können.
  • Erstatten Sie keine Anzeige gegen das behandelnde medizinische Personal. Dieses Vorgehen würde ein Strafverfahren auslösen und damit das zivilrechtliche Verfahren (Schmerzensgeld und Schadensersatz) blockieren.
  • Lehnen Sie Abfindungsangebote ab. Deren Entschädigungssumme ist in der Regel deutlich niedriger als das, was Opfern von Geburtsschäden eigentlich zusteht.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen zum Thema geburtshilfliche Schadensfälle erhalten Sie bei:

Verschiedene Krankenhäuser in Deutschland bietend darüber hinaus spezielle Untersuchungen im Bereich der pränatalen Medizin (Pränataldiagnostik) an:

Dabei werden  zum Beispiel Ultraschalluntersuchungen und Erbgutanalysen zum Schutz des neuen Lebens durchgeführt.

Schlusswort

Ein Geburtsschaden ist ein Schock für alle Beteiligten.

Oftmals leiden Kinder, Eltern, Angehörige und das gesamte Umfeld eines neu geborenen Menschen lebenslang an den Folgen.

Das medizinische Fachpersonal leistet jeden Tage sein Bestes, um Kinder gesund auf die Welt zu bringen.

Aber auch sie sind nur Menschen, denen Fehler passieren.

Wichtig ist es deshalb, beim Auftreten von Geburtsschäden die finanzielle Absicherung der Betroffenen sicherzustellen, um ein weitestgehend zufriedenstellendes Leben mit den Folgen von Behinderungen und Krankheiten zu ermöglichen.

Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnten und wünschen Ihnen alles Gute.

Falls Sie weitere Fragen haben oder juristischen Beistand benötigen, stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Thema Patientenrecht finden Sie auch hier.

Ihre Fachkanzlei Dr. Haack | Dr. Böttger

 

Quellennachweise

1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/235/umfrage/anzahl-der-geburten-seit-1993/
2. https://www.juraforum.de/lexikon/geburtsschaden
3. https://de.wikipedia.org/wiki/Geburtstrauma
4. https://www.advocado.de/ratgeber/arzthaftungsrecht/behandlungsfehler/geburtsschaeden.html
5. https://www.mother-hood.de/presse/geburtsschaeden-eine-datenluecke.html
6. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/99608/Pro-Jahr-werden-20-Geburtsschaeden-durch-Hebammen-der-Berufshaftpflicht-gemeldet

7. https://ihr-anwalt.com/blog/geburtsschaeden-schicksalhaft-oder-vermeidbar/
8. https://www.familienplanung.de/schwangerschaft/geburt/kaiserschnitt/statistik-europa-vergleich/
9. https://geburtshilfe-und-medizinschaden.de/
10. https://www.mother-hood.de/
11. https://www.gdv.de/de/themen/news/kosten-fuer-geburtsschaeden-schwer-kalkulierbar-16288
12. https://www.kqp.de/anwalt/schadensersatz-schmerzensgeld-arzt-verklagen-behandlungsfehler/geburtsschaeden/
13. https://hilfetelefon-schwierige-geburt.de/
14. https://www.netzwerk-geburtskultur.de/
15. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw14-pa-kinderkommission-632770
16. http://www.korioth.de/Aktuelle_Urteile/D35252.pdf

Bildquelle

https://de.freepik.com/

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