Allergan Implantate: Was tun, wenn ich betroffen bin?
Allergan Implantate: Der Hintergrund
Brustvergrößerungen gehören hierzulande zu den beliebtesten Schönheitsoperationen. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland über 65.000 Schönheits-OPs zur Brustvergrößerung durchgeführt – in der Regel werden hierzu Implantate in die Brust eingebracht, die diese dann größer erscheinen lassen.
Diese Implantate können jedoch zu gesundheitlichen Problemen führen. Einer der bekanntesten Fälle der vergangenen Jahre betrifft das Pharmaunternehmen “Allergan Limited” (heute: AbbVie). Im Dezember 2018 veröffentlichte Allergan eine dringende Sicherheitsinformation zu verschiedenen Modellen seiner Brustimplantate.
Das Unternehmen stellte mit sofortiger Wirkung den Verkauf bestimmter Brustimplantate ein und rief die vorhandenen Bestände der europäischen Märkte zurück. Vorangegangen war eine entsprechende Rückrufforderung der französischen Zulassungsbehörde “Agence Nationale de Sécurité du Médicament” (ANSM).
Betroffen waren sogenannte texturierte Brustimplantate – also mit strukturierter Oberfläche (Biocell und Microcell Texturierung). Diese Implantate mit aufgerauter Oberfläche verbinden sich in der Regel besser mit dem Bindegewebe, verhindern ein Verschieben und reduzieren das Risiko für schmerzhafte Verhärtungen rund um die Implantate – jedoch kann es dadurch auch zu Reizungen des Brustgewebes kommen.
Allergan unternahm diesen Schritt, obwohl das Unternehmen nicht mit der Forderung der ANSM einverstanden war und darauf hinwies, dass das Sicherheitsprofil von strukturierten Brustimplantaten gut untersucht sei und eine chirurgische Entfernung der Implantate bekannte Risiken berge.
Allergan Implantate Rückruf Liste: Welche Implantate sind betroffen?
Bei den betroffenen texturierten Brustimplantaten handelt es sich laut dem Schreiben von Allergan vom Dezember 2018 um sterile mit Silikongel gefüllte Implantate zur Rekonstruktion und Augmentation der Brust. Das Implantat kann in Form, Profil, Volumen, Oberfläche und Dicke der Hülle variieren. Texturierte Gewebeexpander von Allergan sind befüllbare sterile Medizinprodukte, die vorübergehend oder für eine Zeitspanne zur Gewebevergrößerung implantiert werden.
Dabei handelt es sich um folgende Modelle:
- Natrelle-Brustimplantate mit Kochsalzlösung 168, 363, 468
- McGhan und Natrelle 410 Brustimplantattypen LL, LM, LF, LX, ML, MM, MF, MX, FL, FM, FF, FX
- Natrelle und McGhan 410 Soft Touch Brustimplantattypen LL, LM, LF, LX, ML, MM, MF, MX, FL, FM, FF, FX
- Natrelle 510 Dual-Gel-Modelle LX, MX, FX
- Natrelle Inspira Brustimplantattypen TRL, TRLP, TRM, TRF, TRX, TSL, TSLP, TSM, TSF, TSX, TCL, TCLP, TCM, TCF, TCX
- Natrelle und McGhan Round Gel Implantattypen 110, 110 Soft Touch, 120, 120 Soft Touch
- Natrelle Komuro Brustimplantattypen KML, KMM, KLL und KLM
- Natrelle Ritz Princess Brustimplantattypen RML, RMM, RFL, RFM
- Natrelle 150 Doppellumen-Implantate mit voller und kurzer Höhe
- Natrelle
- 133 Gewebeexpander mit und ohne Nahtlaschen: Typen 133FV, 133MV,
- 133LV, 133MX, 133SX, 133SV, T-133FV, T-133MV, T-133LV, T-133MX,
- T-133SX, T-133SV, 133FV-T, 133MV-T, 133LV-T, 133MX-T, 133SX-T, 133SV-T
- Natrelle
- 133 Plus Gewebeexpander-Typen 133P-FV, 133P-MV, 133P-LV, 133P-MX,
- 133P-SX, 133P-SV, T-133P-FV, T-133P-MV, T-133P-LV, T-133P-MX, T-133P-SX,
- T-133P-SV, 133P-FV-T, 133P-MV-T, 133P-LV-T, 133P-MX-T, 133P-SX-T,
- 133P-SV-T
Bitte beachten Sie: Für die Vollständigkeit der Liste übernehmen wir keine Gewähr.
Allergan Implantate Symptome: Welche Beschwerden gibt es?
Im Raum steht der Verdacht, dass die Verwendung dieser Implantate in seltenen Fällen krebserregend sein und ein seltenes Lymphom hervorrufen könne, also einen bösartigen Tumor des lymphatischen Systems, genannt das „Brustimplantat-assoziierte anaplastische, großzellige Lymphom (BIA-ALCL)“. Entsprechende Fälle wurden unter anderem dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wiederholt gemeldet.
Die Wahrscheinlichkeit, an der seltenen Krebsart zu erkranken, scheint jedoch relativ gering zu sein. Laut einer am 26. Juli 2019 veröffentlichten Stellungnahme des BCRA-Netzwerks – einer deutschen Patientenorganisation – müsse die Relation betrachtet werden: Weltweit würden aktuell rund 40 Millionen Implantate verwendet werden, dabei seien lediglich 600 Implantatträgerinnen an dem seltenen Lymphom erkrankt. Bei 500.000 in Deutschland verwendeten Implantaten gäbe es lediglich 13 gemeldete Fälle.
Symptome von BIA-ALCL können Schmerzen oder Knötchen in der Brust, Schwellungen, Flüssigkeitseinlagerungen oder Hautveränderungen sein. Im schlimmsten Fall könne ein Auftreten des Lymphoms zum Tod führen, heißt es in einer Mitteilung der US-amerikanischen Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA.
Allergan Implantate Schadensersatz Erfahrungen: Lohnt es sich?
Wer nachweislich durch Allergan gesundheitliche Schäden erlitten hat, dem stehen entsprechende zivilrechtliche Ansprüche aufgrund der Verletzung des Körpers und der Gesundheit zu – dabei kann von einem Streitwert in Höhe von mindestens 100.000 Euro ausgegangen werden.
Die Liste der Ansprüche umfasst dabei die folgenden Punkte:
- Allergan Schmerzensgeld
- Erlittener Haushaltsführungsschaden
- Erlittene materielle Schäden
- Noch zu erwartende Zukunftsschäden
Betroffenen wird empfohlen, etwaige Abfindungsangebote des Herstellers nicht anzunehmen, da dadurch Beweismittel aus der Hand gegeben werden und die erzielten Summen, auch bei einem Abfindungsvergleich, in der Regel deutlich höher sind.
Sollten Allergan Implantate entfernt werden?
Menschen, denen ein Implantat von Allergan eingesetzt wurde, wird empfohlen, sich mit dem behandelnden Chirurgen oder Arzt in Verbindung zu setzen, um zunächst einmal herauszufinden, ob ihr Modell überhaupt betroffen ist. Betroffene können sich unter folgendem Link auch direkt an das Unternehmen wenden.
Experten, darunter auch die FDA, raten jedoch dazu, keine prophylaktische Entfernung vorzunehmen, solange es nicht zu gesundheitlichen Problemen gekommen ist. Sollten Sie entsprechende Symptome von BIA-ALCL bei sich bemerken, müssen zunächst weitere diagnostische Tests durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob wirklich ein Lymphom bei Ihnen vorliegt.
Anschließend wird Ihr behandelnder Arzt Ihnen eine Entfernung der Implantate und der sie umgebenden Kapsel empfehlen. Wird ein BIA-ALCL frühzeitig entdeckt, sind die Heilungschancen recht gut.
Generell wird empfohlen, Brustimplantate nach 10-15 Jahren austauschen zu lassen.
Allergan Implantate entfernen Krankenkasse: Wer bezahlt für den Eingriff?
Nicht notwendige ästhetische Operationen müssen selbst bezahlt werden, denn die Krankenkassen beteiligen sich nicht an den Kosten für Schönheits-OPs. Anders es aus, wenn es anschließend zu Komplikationen kommt oder eine Folgeoperation notwendig ist.
Liegt in diesen Fällen eine sogenannte medizinische Indikation vor, also ist eine medizinische Maßnahme angebracht, springen die gesetzlichen Kassen ein, fordern jedoch anschließend in der Regel einen bestimmten Anteil an den Kosten von den Versicherten zurück.
Wie hoch der jeweilige Anteil ausfällt, hängt vom Grad des Verschuldens, der Höhe der Aufwendungen der Krankenkassen und der wirtschaftlichen Situation des jeweiligen Patienten ab.
Die Kosten für eine Implantatentfernung starten übrigens bei schätzungsweise ca. 2000 EUR pro Eingriff, können aber je nach Leistungsumfang und Umfang des Eingriffs höchst unterschiedlich ausfallen.
Wichtig: Vorbeugung und Kontrolle
Um gesundheitlichen Schäden vorzubeugen, ist es besonders wichtig, Brustimplantate regelmäßig zu kontrollieren. Implantate veränderten sich im Laufe der Zeit und halten in der Regel nicht lebenslang.
Empfohlen wird deshalb eine jährliche Kontrolle durch eine Brust-Ultraschalluntersuchung, um von außen nicht sichtbare Auffälligkeiten zu erkennen. Vorsicht ist insbesondere dann geboten, wenn Betroffene Veränderungen oder Schwellungen selbst bemerken.
Bevor Frauen sich für eine Brustvergrößerung entscheiden, sollten sie in jedem Fall sorgfältig Nutzen und Risiko gegeneinander abwägen, die ein solcher Eingriff mit sich bringt.
Allergan Schadensersatz: Betroffene sollten schnellstmöglich rechtliche Schritte einleiten
Gemäß BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Allergan hatte den Rückruf zwar noch Ende des Jahres 2018 in die Wege geleitet, jedoch gilt zu beachten, dass die Verjährungsfrist erst mit Kenntnis bzw. grobfahrlässiger Unkenntnis der Problematik durch die Betroffenen zu laufen beginnt.
Da das Bundesgesundheitsministerium erst im Jahr 2019 entsprechende Mitteilungen machte, ist auch erst im Jahr 2019 mit dem Beginn der Verjährungsfrist zu rechnen, sodass Betroffene entsprechende Ansprüche bis zum Ablauf des Jahres 2022 geltend machen können.
Betroffene sollten sich also – falls noch nicht geschehen – so schnell wie möglich juristisch gegen die behandelnden Ärzte bzw. den Hersteller der Implantate zur Wehr setzen (dadurch wird die Verjährungsfrist gehemmt) oder sich zumindest fachanwaltlich diesbezüglich beraten lassen:
- Wurde bei Ihnen eine Krebserkrankung im Zusammenhang mit den Implantaten festgestellt?
- Wurden Ihnen Allergan-Implantate aufgrund des Rückrufs entfernt?
- Leiden Sie unter Vorläufersymptomen zu BIA-ALCL oder planen Sie eine chirurgische Entfernung Ihrer Implantate?
Dann wenden Sie sich umgehend an die Fachkanzlei für Medizinrecht Dr. Haack und Dr. Böttger. Mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich Behandlungsfehler und Ärztepfusch und großem Know-how beim Thema Allergan-Implantate-Rückruf unterstützen Sie die Fachanwälte nach Kräften und nehmen sich jedem Fall individuell an.
Kontaktieren Sie Dr. Haack und Dr. Böttger telefonisch unter 0211 69 57 47 02 (Kanzlei Düsseldorf) und 0541 580 577 10 (Kanzlei Osnabrück) oder per E-Mail an info@dr-haack.de. Fordern Sie heute noch eine kompetente rechtliche Beratung an. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
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Quellennachweise:
- https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/Brustimplantate_Allergan.html
- https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2019/news052-rueckruf-brustimplantate-allergan-informationen-fuer-brustkrebspatientinnen.php
- https://www.bfarm.de/SharedDocs/Kundeninfos/DE/11/2018/15914-18_kundeninfo_de.html?nn=468782
- https://allergan-web-cdn-prod.azureedge.net/actavis/actavis/media/allergan-pdf-documents/medical-information-contact-list.pdf
- https://www.fda.gov/news-events/press-announcements/fda-takes-action-protect-patients-risk-certain-textured-breast-implants-requests-allergan
- https://www.brca-netzwerk.de/fileadmin/Downloads/News/2019_Stellungnahme_Implantate_end_end.pdf
- https://patientenanwalt.de/produkthaftung/brustimplantate/krebs-durch-allergan-brustimplantate/
- https://patientenanwalt.de/produkthaftung/brustimplantate/krebs-durch-allergan-brustimplantate/
- https://www.mybody.de/kostenuebernahme-bei-brustimplantatwechsel-faq.html
- https://www.vzhh.de/brustimplantat-muss-raus-wer-zahlt
- https://patientenanwalt.de/produkthaftung/brustimplantate/krebs-durch-allergan-brustimplantate
- https://www.aesthetische-medizin-koeln.de/hinweis-brustimplantate-allergan/
- https://www.mybody.de/brustimplantate-entfernen.html
- https://www.aq-clinics.de/wissenswert/muessen-brustimplantate-gewechselt-werden/
- https://www.anwalt.de/rechtstipps/abfindungsangebot-von-allergan-annehmen_185079.html
- https://www.plastische-chirurgie.ch/blog-dr-sylvester-m-maas-was-ist-bia-alcl/
- https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__195.html
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Rechtsanwaltskanzlei Dr. Haack
Wir bieten kompetente Rechtsberatung im Medizinrecht und spezialisieren uns auf die Themen Behandlungsfehler, Arzthaftung und die Beratung bei der Erstellung von Chefarztverträgen.
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