Die Behandlungsfehler-Statistik 2022 ist da: Welche Forderungen ergeben sich?
Alljährlich gibt der medizinische Dienst (MD) im Auftrag der Krankenkassen seine neue Behandlungsfehler Statistik für das jeweilige Vorjahr heraus. Jetzt ist es wieder soweit: Die Behandlungsfehler Statistik 2022 ist da! 2021 wurden in Deutschland 13.050 Fachgutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt, 2022 waren es 13.059 – die Abweichung ist also minimal. Nicht jedes Gutachten gibt dem Patienten recht, nur in ungefähr jedem vierten Fall steckt tatsächlich ein ärztlicher oder therapeutischer Fehlgriff hinter den Leiden des Patienten.
Als Fachkanzlei für Medizinrecht interessieren wir uns naturgemäß für die bestätigten Kunstfehler. Dr. Haack & Dr. Böttger vertreten regelmäßig geschädigte Patienten vor Gericht, im juristischen Bemühen um eine gerechte Kompensation. Wir werfen im Folgenden einen Blick auf die Behandlungsfehler Statistik 2022 und schauen, welche Forderungen sich daraus ergeben. Wie lässt sich die Situation verbessern?
Was sagt die neue Statistik über Behandlungsfehler?
Wie schon die kaum veränderte Zahl der Fachgutachten andeutet, haben sich bei den Behandlungsfehlern im Vergleich zum Jahr 2021 kaum Veränderungen ergeben. Wir sprechen für 2022 von etwa 2.700 nachgewiesenen Behandlungsfehlern, die jeweils Folgeschäden nach sich zogen. Allerdings gehen Experten von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus, da in Deutschland keine zentrale Erfassung existiert und vor allem Medikationsfehler selten erkannt werden.
Bei mehr als 550 Millionen Behandlungsfällen im Jahr ist sehr genaues Hinschauen gefragt, und das wird durch die genannten Hindernisse erschwert. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des MD, sagt deshalb folgerichtig: „Die Begutachtungszahlen zeigen nur einen sehr kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Geschehens.” Tatsächlich soll es sogar bei ungefähr 2 Prozent aller Krankenhausfälle zu Behandlungsfehlern kommen, so vermuten Fachleute.
Die aktuelle ärztliche Kunstfehler Statistik enthält zu zwei Dritteln Anschuldigungen aus der stationären Versorgung, das restliche Drittel bezieht sich auf mögliche Behandlungsfehler in Arztpraxen. Das heißt nicht, dass unsere Krankenhäuser so viel schlechter als unsere niedergelassenen Ärzte sind! Nein, das Missverhältnis liegt eher daran, dass bei operativen Eingriffen Fehler besonders ersichtlich sind.
Diese Forderungen ergeben sich aus den Behandlungsfehlern
Die meisten Behandlungsfehler sind nicht tödlich, doch bei immerhin 84 Menschen führte 2022 ein Fehlgriff des Arztes zum Tod des Patienten. 2021 waren es sogar noch 98 nachgewiesene Todesfälle. Viele weitere Patienten leiden unter dauerhaften Einschränkungen. Kein Wunder also, dass Forderungen laut werden, die Situation zu verbessern und nicht dauerhaft auf diesem Niveau zu verharren. Das sind die wichtigsten Änderungsvorschläge:
- Verpflichtende nationale Never-Event-Liste: Der MD Dienst schlägt vor, eine verpflichtende Meldung für schwerwiegende Medikamentenverwechslungen einzuführen. Das ist in vielen anderen Ländern bereits Standard, Deutschland hinkt jedoch weiter hinterher. Es handelt sich um leicht vermeidbare Ereignisse, die 2022 mit 165 Fällen in der Statistik auftauchen und 2021 mit 130 Fällen.
- Integration ins Patientenrechtegesetz: Gronemeyer fordert, die Never-Event-Liste im neuen Patientenrechtegesetz unterzubringen. Dieses Gesetz erleichtert die Beweisführung der betroffenen Patienten: Sie müssen bei vermuteten groben Behandlungsfehlern oder Befunderhebungsfehlern nur noch den Fehler und den Schaden nachweisen, nicht ihre Korrelation.
- Dokumentationspflicht:Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD) schlägt eine stärkere Dokumentation von Behandlungen vor, um Fehler besser nachvollziehen zu können. Betroffene sollen erleichterten Zugang zu ihren Patientenakten, aber auch zu Dienst- und Hygieneplänen bekommen.
- Transparenzverzeichnis: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach möchte zum 1. April 2024 einen Überblick aller Krankenhausleistungen ins Internet stellen, inklusive Qualitätsbeurteilung. Das soll Patienten helfen, eine gezielte Wahl zu treffen und sich an diejenigen Fachkliniken zu wenden, die durch beste Leistungen auffallen. Ob das überlastete deutsche Gesundheitssystem allerdings genügend Flexibilität für eine freie Wahl bietet, ist fraglich.
Anwalt bei Behandlungsfehler? Dr. Haack & Dr. Böttger treten für Sie ein!
Ein Behandlungsfehler kann leider jeden treffen. Haben Sie einen gesundheitlichen Schaden durch eine fehlgeschlagene Therapie oder eine Medikamentenverwechslung erlitten? Ist Ihre Operation nicht so gelaufen, wie Sie eigentlich sollte?
Als erfahrenes Anwaltsteam stehen wir Ihnen gern zur Seite, hören uns Ihre Krankengeschichte an und überlegen mit Ihnen gemeinsam, welchen Weg wir gehen. Schlussendlich entscheiden Sie, ob Sie vor Gericht ziehen und Ihr Recht einklagen möchten.
Stellen Sie uns gern Ihre Fragen, die Kontaktaufnahme ist kostenlos. Hier können Sie unseren Rückruf anfordern. Über die Jahre konnten wir bereits vielen geschädigten Patienten zu ihrem Recht verhelfen. Das macht den erlittenen Schaden nicht wieder gut, klärt aber die Verhältnisse und sorgt für eine gewisse Kompensation.
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Quellennachweise:
- Medizinischer Dienst: Fast 2.700 Schäden durch Behandlungsfehler | tagesschau.de
- Zahl der Behandlungsfehler verharrt auf Vorjahresniveau (aerzteblatt.de)
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/08/17/medizinische-dienste-fordern-meldepflicht-fuer-never-events
- https://md-bund.de/presse/pressemitteilungen/neueste-pressemitteilungen/behandlungsfehlerbegutachtung-2022-immer-wieder-die-gleichen-fehler.html
- https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/behandlungsfehler-aerzte-pfusch-kassen-dunkelziffer-100.html
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