Was ist die Schmerzensgeldtabelle?
Betroffene von medizinischen Behandlungsfehlern und Ärztepfusch haben Anspruch auf zivilrechtliche Entschädigungen in Form von Schmerzensgeldzahlungen und Schadensersatz.
Bei der Festlegung der individuellen Schmerzensgeldhöhe spielt die sogenannte Schmerzensgeldtabelle eine wichtige Rolle.
In diesem Blog-Beitrag möchten wir Ihnen genau erklären, was Schmerzensgeld ist, wer Anspruch auf Schmerzensgeld hat und wie die sogenannte Schmerzensgeldtabelle bei juristischen Auseinandersetzungen mit Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern zum Einsatz kommt.
Was ist Schmerzensgeld?
Der Rechtsbegriff Schmerzensgeld wurde bereits im 17. Jahrhundert vom lateinischen Ausdruck “pretium pro doloribus” ins Deutsche übertragen.
Mit Schmerzensgeld umschrieben wird ein Anspruch auf Schadensersatz als Ausgleich für erlittene immaterielle Schäden.
Immaterielle Schäden – auch als Nichtvermögensschäden bezeichnet – sind als solche Schäden definiert, die zum Beispiel Körper, Freiheit oder Ehre betreffen.
Schmerzensgeld gilt als wichtigster Anwendungsfall für immaterielle Schäden.
Die jeweilige Schmerzensgeldhöhe ist dabei je nach Einzelfall höchst unterschiedlich.
Übrigens: In Österreich spricht man auch von Schmerzengeld und in der Schweiz von Genugtuung.
Wer hat Anspruch auf Schmerzensgeld?
Wer unverschuldet durch Dritte zu Schaden kommt, kann für die erlittenen physischen und psychischen Schmerzen Schmerzensgeld gerichtlich durchsetzen.
Geregelt ist die Schadensersatzpflicht in § 823 BGB.
Hier heißt es: “Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.”
Der zivilrechtliche Schmerzensgeldanspruch besteht dabei in der Regel für 3 Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch aufgetreten ist und der Geschädigte Kenntnis von Schäden und Schädiger erlangt hat.
Beantragt wird der Schmerzensgeldanspruch vor einem Zivilgericht.
Das Schmerzensgeld hat eine sogenannte Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion.
Die finanzielle Kompensation soll als Genugtuung für die erlittenen Schmerzen dienen.
Das Schmerzensgeld soll erlittenes Unrecht also wiedergutmachen.
Die Ausgleichsfunktion stellt eine Entschädigung in finanzieller Form für das Ausmaß der erlittenen Lebensbeeinträchtigung dar.
Wie berechnet man Schmerzensgeld?
Die Höhe des Schmerzensgeldes lässt sich pauschal nicht vorab ausrechnen.
Hierbei spielen verschiedene, individuell sehr unterschiedliche Faktoren eine Rolle.
In Betracht gezogen werden zum Beispiel die Schwere der entstandenen gesundheitlichen Schäden oder Verletzungen, der Umfang der sich anschließenden Behandlungsmaßnahmen und die individuellen Lebensumstände der Betroffenen.
Um die jeweilige Schmerzensgeldhöhe festzulegen, werden in der Regel frühere Gerichtsurteile herangezogen, die im Zusammenhang mit ähnlichen Sachverhalten gefällt wurden.
Die Schmerzensgeldberechnung folgt dabei der sogenannten billigen Entschädigung in Geld.
Die subjektive Bemessung erfolgt letztendlich anhand der richterlichen Würdigung der Gesamtumstände des Sachverhalts in einem Gerichtsurteil.
Dabei ist es wichtig, vorab realistische Forderungen zu stellen.
Hierzu werden in vielen Fällen sogenannte Schmerzensgeldtabellen genutzt.
Auch bei einer außergerichtlichen Einigung werden sich die beteiligten Parteien an den Schmerzensgeldtabellen orientieren.
Was regelt die Schmerzensgeldtabelle?
Schmerzensgeldtabellen fassen Gerichtsurteile und die entsprechenden Schadensersatzhöhen zusammen, die im Rahmen dieser Urteile verhängt wurden.
In Schmerzensgeldtabellen werden in der Regel mehrere Tausend Urteile aus der Vergangenheit zusammengefasst.
Diese sind z.B. alphabetisch nach Art der Verletzung sortiert und bieten weitere Informationen wie zum Beispiel:
- Festgesetzter Schmerzensgeldbetrag
- Verletzungen und Verletzungsfolgen
- Art und Umfang der ärztlichen Behandlung
- Angaben zum Geschädigten und seinen Lebensumständen
- Verschuldungsgrad und ggf. Mitverschulden
Schmerzensgeldtabellen entfalten dabei keine Rechtsverbindlichkeit.
Sie dienen Geschädigten, Versicherungen und Gerichten lediglich zur Orientierung.
Außerdem berücksichtigen Schmerzensgeldtabellen die Inflation nicht und sind dadurch immer vergangenheitsbezogen.
Bekannte Beispiele für Schmerzensgeldtabellen sind:
- Beck’sche Schmerzensgeldtabelle
- Schmerzensgeldtabelle Hacks Ring Böhm (ADAC-Schmerzensgeldtabelle)
- Celler Schmerzensgeldtabelle
Daneben gibt es noch viele weitere Schmerzensgeldtabellen von Anwält:innen, Gerichten, Online-Portalen oder die Schmerzensgeldtabelle des DAWR, in der über 180 Schmerzensgeldsätze aufgeführt sind.
Wie viel Schmerzensgeld kann man beantragen?
Bei der Schmerzensgeldberechnung und Bemessung von Schmerzensgeld werden verschiedene Faktoren von den Gerichten berücksichtigt.
Bei Schmerzensgeldforderungen nach einem medizinischen Behandlungsfehler kommt es dabei unter anderem auf die verursachten Verletzungen, die Intensität der Schmerzen und die anschließende Behandlungsdauer an.
Der Begriff “angemessen” taucht im Zusammenhang mit Schmerzensgeldforderungen immer wieder auf. Doch was ist angemessen?
Ein erfahrener Fachanwalt für Medizinrecht und Behandlungsfehler kann Ihnen dabei helfen, die richtige Schmerzensgeldhöhe vorab auszuloten.
Denn die Chancen für eine erfolgreiche Durchsetzung vor Gericht steigen, wenn die festgesetzte Höhe angemessen ist.
Hier einige Beispiele für die Höhe von Schmerzensgeldzahlungen nach Behandlungsfehlern:
- 250.000 Euro Schmerzensgeld wegen der schweren Behinderung eines Kindes durch einen zu spät behandelten Wasserkopf (Landgericht Aurich 2005)
- 180.000 Euro Schmerzensgeld für einen zu spät erkannten Bandscheibenvorfall und eine fehlerhafte ärztliche Behandlung (Oberlandesgericht Koblenz 2009)
- 40.000 Euro Schmerzensgeld für eine Infektion mit multiresistenten Staphylokokken aufgrund nicht beachteter Hygienevorschriften (Oberlandesgericht Oldenburg 2014)
- 25.000 Euro Schmerzensgeld für eine Wundausbreitung im Fuß nach einer Operation (Landgericht Oldenburg 2006)
- 2.500 Euro Schmerzensgeld für eine Brandblase an einem Sprunggelenk nach einer fehlerhaft durchgeführten Wärmebehandlung (Landgericht Bonn 2015)
Wie kann ich Schmerzensgeld einklagen?
Bei der Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen sind Geschädigte in Deutschland in der Regel in der Nachweispflicht.
Der Geschädigte muss also den Nachweis erbringen, dass er unverschuldet geschädigt wurde.
Auch muss er ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verschulden des Schädigers nachweisen können.
Dies gilt auch bei medizinischen Behandlungsfehlern und Ärztepfusch.
Anhand von ärztlichen Dokumentationen, Fotos, Zeugenaussagen und Gutachten von Sachverständigen müssen die Behandlungsfehler dokumentiert und belegt werden und in einem Gerichtsprozess eine erfolgreiche Beweisführung ermöglichen.
Eine kompetente Fachkanzlei für Medizinrecht wie Dr. Haack | Dr. Böttger wird für Ihren Fall eine individuelle zielführende juristische Strategie erarbeiten.
Dazu gehört die eingehende Prüfung des individuellen Schadensfall und der zugehörigen Befunde unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtssprechung
In vielen Fällen wird eine außergerichtliche Einigung angestrebt.
Auf diesem Weg lässt sich in der Regel deutlich schneller und direkter eine Einigung zwischen den beteiligten Parteien erreichen.
Wenden Sie sich bei Fragen zur Schmerzensgeldtabelle an Fachkanzlei Dr. Haack | Dr. Böttger:
Sie sind selbst von einem medizinischen Behandlungsfehler betroffen?
Sie möchten Ihre Schmerzensgeldansprüche gegen den Schädiger fristgerecht rechtlich geltend machen?
Sie sind auf der Suche nach einem erfahrenen Fachanwalt für Medizinrecht, der bereits in vielen Fällen Schmerzensgeldansprüche erfolgreich geltend machen konnte?
Dann sollten Sie sich für eine Beratung umgehend an Dr. Böttger wenden.
Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Beachten Sie auch unseren thematischen passenden Blog-Beiträge “50.000 Euro Schmerzensgeld bei zu spät erkannter Krebserkrankung” und “Die Verjährung eines Behandlungsfehlers erfolgreich verhindern”.
Übrigens: Besteht ein rechtmäßiger Anspruch auf Schmerzensgeld und wird dieser erfolgreich durchgesetzt, übernimmt die Gegenseite die kompletten Kosten für den Anwalt und sogar die Gerichtskosten.
Quellennachweise:
- https://www.juracademy.de/schuldrecht-bt3/823-abs-1-bgb-schmerzensgeld.html
- https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__253.html
- https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__823.html
- https://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__287.html
- https://www.koerperverletzung.com/schmerzensgeldberechnung/https://woerterbuchnetz.de/?sigle=DWB&lemid=GS13622#0
- https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__195.html
- https://www.advocado.de/ratgeber/schmerzensgeldrecht/einforderung/schmerzensgeld-bei-koerperverletzung.html
- http://app.olg-ce.niedersachsen.de/cms/page/schmerzensgeld.php?sort=betrag
- https://www.koerperverletzung.com/schmerzensgeld-verletzungen-koerper/#tabelle
- https://www.bussgeldkatalog.de/genugtuungsfunktion-schmerzensgeld/
- https://www.anwalt.de/rechtstipps/funktion-des-schmerzensgeldes_080523.html
- Die Schulterdystokie als Ursache für Geburtsschäden: Wer hilft?
- Die Behandlungsfehler-Statistik 2023 ist da: 75 vermeidbare Tote, mit Dunkelziffer
- Hypoxischer Hirnschaden durch Behandlungsfehler: Wo gibt es rechtliche Hilfe?
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