Der Behandlungsvertrag: Was Sie als Patient wirklich wissen sollten

Der Behandlungsvertrag: Was Sie als Patient wirklich wissen sollten

Was ist ein Behandlungsvertrag?

Kurz gesagt: Der Behandlungsvertrag ist die rechtliche Grundlage dafür, dass Sie überhaupt behandelt werden. Und das passiert meistens, ohne dass Sie es merken oder etwas unterschreiben müssen.

Sobald Sie sich mit einem gesundheitlichen Anliegen an eine Arztpraxis oder andere medizinische Einrichtung wenden – sei es beim Hausarzt, im Krankenhaus oder bei der Physiotherapie – kommt dieser Vertrag zustande. Sie bringen Ihre Beschwerden mit, die Praxis bietet eine fachliche Leistung an, und das Ganze passiert auf Basis klarer gesetzlicher Regeln.

Welche Rechtsnatur hat ein Behandlungsvertrag?

Juristisch gehört der Behandlungsvertrag zur Kategorie „Dienstvertrag“. Das steht auch so im Bürgerlichen Gesetzbuch, § 630a BGB.  Wichtig dabei: Die Ärztin oder der Therapeut schuldet Ihnen keine Heilung. Was sie oder er schuldet, ist eine Behandlung nach aktuellem Stand der medizinischen Wissenschaft – also eine sorgfältige, fachgerechte Leistung.

Ob die gewünschte Wirkung eintritt, kann niemand garantieren. Das ist keine schlechte Nachricht, sondern ein realistischer Rahmen für alle Beteiligten – und er schützt auch Sie, wenn etwas nicht so läuft wie geplant.

Das steht im Gesetz:

§ 630a BGB – Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag

(1) Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.

Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.

Wie entsteht ein Behandlungsvertrag?

Ganz einfach: schon allein durch Ihr Verhalten. Sie setzen sich ins Wartezimmer, zeigen Ihre Versichertenkarte und schildern Ihre Beschwerden – schon ist der Vertrag da. Das nennt man „konkludentes Verhalten“. Und das funktioniert auch in der Physiotherapie oder bei Heilpraktikern genauso.

Bei manchen Leistungen – etwa IGeL-Angeboten (individuelle Gesundheitsleistungen, die von Patienten selbst bezahlt werden müssen, Anm. d. Red.) oder aufwändigen Therapien – ist ein zusätzlicher schriftlicher Vertrag üblich. Das macht Sinn, denn hier geht es oft um Geld. Und was vereinbart wurde, sollte dann am besten auch dokumentiert sein.

Muss ich einen Behandlungsvertrag unterschreiben?

In vielen Fällen nicht. Der Vertrag kommt – wie oben bereits erwähnt – durch schlüssiges Verhalten zustande, also einfach dadurch, dass Sie sich behandeln lassen.

Aber: Es gibt Ausnahmen. Bei individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), privatärztlicher Versorgung oder speziellen Vereinbarungen zu Honorar oder Terminabsagen ist eine Unterschrift sehr empfehlenswert – manchmal sogar vorgeschrieben.

Achten Sie also bei Selbstzahlerleistungen auf eine transparente Vereinbarung. Das schützt Sie vor Missverständnissen – gerade dann, wenn es später doch einmal Unklarheiten gibt.

Wer schließt eigentlich mit wem den Vertrag ab?

Im Normalfall: Sie mit der behandelnden Person oder Einrichtung – also der Praxis oder dem Krankenhaus. Aber es gibt Ausnahmen:

  • Bei Kindern oder Menschen mit Betreuungspflicht unterschreibt der gesetzliche Vertreter
  • In Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) ist nicht immer klar, mit wem genau Sie kontrahieren (also einen Vertrag abschließen, Anm. d. Red.)  – oft ist es eine GmbH
  • Wenn ein sogenannter Belegarzt im Krankenhaus tätig wird, kommt ein gesonderter Vertrag mit diesem Arzt zustande (mehr zu diesem Thema weiter unten in den FAQ)

Infobox:

Wann haftet ein Arzt oder eine Ärztin aus dem Behandlungsvertrag?

Immer dann, wenn ein Behandlungsfehler vorliegt – also etwas gemacht (oder unterlassen) wurde, das gegen die geltenden medizinischen Standards verstößt. Wichtig ist: Ein unerwünschter Verlauf allein reicht nicht. Es muss konkret etwas schiefgelaufen sein – etwa ein Diagnosefehler, eine fehlende Aufklärung oder eine falsche Medikation.

Und: Der Fehler muss auch nachweisbar einen Schaden verursacht haben. Dafür braucht es oft ein medizinisches Gutachten. Klingt kompliziert? Ist es manchmal auch. Aber genau dafür sind wir da – um gemeinsam rauszufinden, ob ein Anspruch besteht und wie man ihn durchsetzen kann.

Was genau in einer Behandlungsvereinbarung stehen sollte

Um eine möglichst transparente und verlässliche Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient zu ermöglichen und für Rechtssicherheit zu sorgen, sollten bestimmte Bestandteile zu einem Behandlungsvertrag gehören, zum Beispiel:

  • Allgemeines, Aufklärung und Einwilligung mit Unterschrift
  • Pflichten der Beteiligten, Dokumentation in der Patientenakte
  • Wirtschaftliche Regelungen (Abrechnung, Zahlungspflicht, Zuzahlung, Rechnungsstellung)
  • Terminregeln und Ausfallhonorare
  • Laufzeit und Beendigung
  • Sonstige praktische Hinweise zur Behandlung

Ihre Rechte – und Pflichten – aus dem Vertrag

Sie haben das Recht auf eine fachgerechte Behandlung. Punkt. Aber das war’s noch nicht. Sie haben auch Anspruch auf:

  • Aufklärung über alle wichtigen Aspekte Ihrer Behandlung
  • Einsicht in Ihre Patientenakte
  • Datenschutz und Vertraulichkeit

Auf der anderen Seite gilt: Auch Sie haben Pflichten. Dazu gehört zum Beispiel:

  • Ehrlich sein bei der Anamnese (also: keine wichtigen Informationen weglassen)
  • Termine einhalten oder rechtzeitig absagen
  • Therapieempfehlungen ernst nehmen
  • Rechnungen begleichen – wenn nötig, mit Rückfrage

Dokumentation: Warum sie wichtig ist – auch für Sie

Vielleicht denken Sie: „Was der Arzt aufschreibt, geht mich nichts an.“ Stimmt nicht ganz. Denn was nicht dokumentiert ist, gilt im Zweifel als nicht passiert.

Deshalb: Lassen Sie sich aufklären, bitten Sie um eine Kopie von wichtigen Dokumenten, fragen Sie nach, wenn Ihnen etwas unklar ist. Die Patientenakte gehört – zumindest in Teilen – auch Ihnen – das hat das erst kürzlich in Kraft getretene Patientenrechtegesetz auch nochmal klar festgelegt. Und sie kann im Streitfall juristisch entscheidend sein.

Wann und wie kann ein Patient den Behandlungsvertrag aufkündigen?

Im Prinzip jederzeit – solange die Behandlung noch läuft. Geregelt ist das in § 626 BGB ff. Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Chemie nicht stimmt, Sie sich nicht gut aufgeklärt fühlen oder einfach eine zweite Meinung möchten, dürfen Sie die Behandlung abbrechen. Das kann formlos geschehen, Sie müssen also keinen Brief aufsetzen oder bestimmte Fristen einhalten.

Wichtig ist: Sagen Sie es deutlich und – wenn möglich – schriftlich. So vermeiden Sie Missverständnisse. Und wenn Kosten im Raum stehen, klären Sie das am besten vorab.

Ärztinnen und Ärzte haben bei einer Kündigung übrigens weniger Spielraum: Sie dürfen das Vertragsverhältnis nur in Ausnahmen aufheben, etwa wenn das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist oder die Mitwirkung Ihrerseits komplett fehlt. In akuten Notfällen gilt übrigens eine Behandlungspflicht – ganz egal, wie schwierig das Verhältnis ist.

FAQ – Ihre häufigsten Fragen zum Behandlungsvertrag

Hier ist es ganz einfach: Die Eltern oder gesetzliche Betreuer schließen den Vertrag – nicht das Kind selbst. Aber je älter das Kind, desto mehr zählt auch dessen Meinung. Bei Jugendlichen ab etwa 14 wird die Einwilligungsfähigkeit individuell geprüft. Manche Entscheidungen – gerade bei psychologischer oder gynäkologischer Behandlung – dürfen Jugendliche auch allein treffen, wenn sie reif genug dafür sind. Ärzte und Ärztinnen müssen dabei Fingerspitzengefühl beweisen – rechtlich wie menschlich.

Auch dort kommt ein Behandlungsvertrag zustande – genauso wie in der Arztpraxis. Gerade bei Heilpraktikerleistungen und Physiotherapie wird der Vertrag oft schriftlich gemacht, weil es hier häufiger um Selbstzahler-Angebote geht. Viele gesetzliche Kassen zahlen nur bestimmte Leistungen. Ein klarer Vertrag hilft, damit Sie wissen, welche Kosten auf Sie zukommen, ob es Ausfallgebühren gibt – und worauf Sie sich überhaupt einlassen. Gute Praxen regeln das transparent und schriftlich – fragen Sie ruhig nach, wenn etwas unklar ist

Ja – auch in der Physiotherapie ist ein Behandlungsvertrag die rechtliche Grundlage für jede Behandlung. Selbst wenn Sie nur „zur Massage“ kommen, gilt: Die Praxis verpflichtet sich zur fachgerechten Leistung, Sie zur Mitwirkung. Besonders wichtig ist das, wenn Sie als Selbstzahler kommen oder Leistungen erhalten, die nicht von der Kasse übernommen werden. In solchen Fällen sollte der Vertrag schriftlich festgehalten werden – inklusive eventueller Ausfallgebühren oder geplanter Behandlungsdauer.

Aber ja! Nur weil’s „nur“ um Zähne geht, heißt das nicht, dass andere Regeln gelten. Ob Füllung, Wurzelbehandlung oder Zahnersatz: Sobald Sie sich behandeln lassen, gilt auch hier der Behandlungsvertrag. Und oft sogar mit Zusatzvereinbarungen – gerade bei höherwertigem Zahnersatz oder wenn Sie eine private Zusatzleistung in Anspruch nehmen. Unser Tipp: Fragen Sie ruhig nach, was übernommen wird, was extra kostet und ob es eine schriftliche Vereinbarung gibt. Gerade beim Zahnarzt ist Transparenz Gold wert – und schont die Nerven.

Das ist ein Sonderfall, der gerne übersehen wird. Wenn Sie in einem Krankenhaus behandelt werden und dort ein Belegarzt tätig ist – also ein Arzt mit eigener Praxis, der in bestimmten Kliniken operiert oder behandelt –, schließen Sie mit zwei Stellen Verträge: Einmal mit dem Krankenhaus für die stationäre Versorgung, und separat mit dem Belegarzt für die ärztliche Behandlung. Das klingt kompliziert, ist aber juristisch klar geregelt. Wichtig für Sie: Klären Sie vorher, wer was berechnet und bei wem Sie was unterschreiben.

Vielleicht haben Sie schon mal eine Patientenverfügung ausgefüllt – oder zumindest darüber nachgedacht. Aber wussten Sie, dass sie auch im Rahmen eines Behandlungsvertrags eine Rolle spielt? Wenn es mal brenzlig wird, z. B. im Krankenhaus oder nach einem schweren Unfall, entscheidet nicht mehr nur der Behandlungsvertrag, was medizinisch getan wird – sondern auch Ihre Verfügung. Sie legt fest, welche Maßnahmen Sie wollen und welche Sie ablehnen. Vorausgesetzt: Sie ist eindeutig formuliert und liegt dem medizinischen Personal vor.

Gute Frage! Bei einem Werkvertrag (wie beim Automechaniker oder Bauunternehmer) wird ein konkretes Ergebnis geschuldet: das Haus steht, der Motor läuft. Im Behandlungsvertrag ist das anders. Hier schuldet die Ärztin keine Heilung, sondern nur eine sorgfältige Behandlung nach Stand der Medizin. Das ist nicht unfair – sondern realistisch. Denn: Nicht jeder Körper reagiert gleich. Und manchmal bleibt der Erfolg aus, obwohl alles richtig gemacht wurde. Entscheidend ist dann: Wurde nach den Regeln der Kunst behandelt? Wenn ja, liegt kein Fehler vor – auch wenn’s am Ende nicht besser wurde.

Mehr als man denkt. Es reicht nicht, einfach „irgendwie zu behandeln“. Eine Ärztin muss genau zuhören, richtig diagnostizieren, sinnvoll behandeln – und zwar auf Grundlage des aktuellen medizinischen Wissens. Dazu kommt: Sie muss sorgfältig dokumentieren, rechtzeitig aufklären und auch mal sagen, wenn sie selbst nicht weiterweiß. Und natürlich: Die Behandlung muss auf Sie als Mensch passen – nicht nur auf Ihre Akte. Das bedeutet auch, Alternativen zu erklären, Risiken realistisch einzuschätzen und bei Unsicherheiten nicht einfach „drauflos zu therapieren“.

Wann Sie juristische Unterstützung brauchen – und wie wir helfen können

Es ist selten – aber es kommt vor: Ein Fehler bei der Behandlung, eine unklare Abrechnung, fehlende Aufklärung. Dann wird aus einem unsichtbaren Vertrag plötzlich ein rechtliches Problem.

Wir sind darauf spezialisiert. Unsere erfahrene Kanzlei für Medizinrecht prüft, ob Ihr Behandlungsvertrag wirksam war, ob Aufklärungspflichten verletzt wurden und ob Sie Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld haben.

Wir ziehen bei Bedarf professionelle medizinische Gutachter hinzu, prüfen Ihre Akte – und setzen Ihre Rechte durch. Mit Erfahrung, Fingerspitzengefühl und einem klaren Plan. Sie haben Fragen? Das Erstgespräch ist kostenfrei und unverbindlich. Nehmen Sie heute noch Kontakt zu uns auf.

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Quellenverzeichnis:

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 630a bis 630h

https://www.virchowbund.de/praxis-knowhow/abrechnung-finanzen/behandlungsvertrag

https://www.aerzteblatt.de/archiv/behandlungsvertrag-was-aerzte-dokumentieren-muessen-ab9d8972-58d1-4c81-ada9-9bc7e3808946

https://www.haufe.de/id/beitrag/11-arzthaftung-i-behandlungsvertrag-HI14795695.html

https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/recht-a-z/323104/behandlungsvertrag/

https://www.aerzteblatt.de/archiv/behandlungsvertraege-in-der-psychotherapie-wirtschaftliche-informationspflicht-4d1a891b-240a-4bd0-b19f-873987e7aa04

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